Für Michaela Rein waren die Voraussetzungen, deutsche Meisterin im Karate zu werden, neun Monate vor dem entscheidenden Sieg denkbar ungünstig. Nach einer Operation am Sprunggelenk war es fraglich, ob sie überhaupt am Wettkampf teilnehmen könnte. Mit Hilfe der Herzratenvariabilität und Biofeedback-Übungen bereitete sie sich erfolgreich auf die Meisterschaft vor.
Acht Wochen lang musste Michaela Rein nach der Operation eines Knorpelschadens an Krücken gehen. Danach wurde ihr empfohlen, sechs bis neun Monate überhaupt keinen Sport zu treiben. Für die junge Sportlerin war das eine Situation, die sie seelisch und körperlich sehr mitnahm. Doch sie hatte ein klares Ziel vor Augen: So schnell wie möglich mit dem Training beginnen, um wieder ein Teil der Nationalmannschaft zu werden.
Seit 2007 ist Michaela Rein Mitglied der deutschen Nationalmannschaft des DJKB (Fachverband für traditionelles japanisches Shôtôkan-Karate). Bis zu ihrer Operation konnte sie einige Titel, wie den Mannschafts-Europameistertitel und die deutsche Meisterschaft der Junioren, gewinnen.
Bereits zwei Monate nach der Operation begann Michaela Rein ihr Training unter Beachtung der Herzratenvariabilität (HRV) wieder aufzunehmen. Die Steuerung des Trainings leitete der Heilpraktiker Punito Michael Aisenpreis, mit Praxis in München und Murnau.
Grundlagen für HRV-Trainingssteuerung
Mit einer 24-Stunden-HRV-Langzeitmessung begannen die Vorbereitungen für das sportliche Comeback. “Eine Messung über mehrere Stunden vermittelt einen guten Gesamteindruck, wie das vegetative Nervensystem auf verschiedene Alltagssituationen reagiert”, erklärt Punito Aisenpreis sein Vorgehen. “Oft lassen sich schon mit dieser Auswertung Empfehlungen für allgemeine Verhaltensweisen wie z. B. Schlaf-, Essens- und Trainingszeiten ableiten.”
Eine weitere Grundlage für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit sind HRV-Kurzzeit-Messungen und RSA-Messungen. “Beide Messarten werden eine Woche lang täglich vorgenommen, um eine sogenannte Baseline zu bestimmen. Im besten Fall geschieht die Bestimmung in einer trainingsfreien Woche oder in einer Woche mit nur geringer Belastung.”
HRV-Werte für die Baseline
Für die Trainingssteuerung von Michaela Rein nutzte Punito Aisenpreis sowohl HRV-Werte aus den Zeit- als auch Frequenzbereichsverfahren. Wie sich HRV-Werte für eine Trainingssteuerung umsetzen lassen, zeigen folgende Werte:
- schnelle Anpassungsfähigkeit: SD1 und RMSSD
- Belastungsfähigkeit: E-I
- Regenerationsfähigkeit: Total Power und HF
- mentale Belastung: Stressindex
Mit HRV-Werten trainieren
Während der Wettkampfvorbereitungen hat Michaela Rein täglich ihre HRV mit einer Kurz- und RSA-Messung bestimmt. “Durch das tägliche Training verändern sich die Werte. Je nachdem was und wie trainiert wird, reagieren sie. Aber nicht nur die Dauer, Intensität und Art des Trainings nehmen Einfluss. Auch das Ernährungsverhalten, die Schlafqualität und der emotionale Zustand spiegeln sich in den HRV-Werten wider und müssen auch in die Betrachtung einbezogen werden,” erklärt Punito Aisenpreis.
“Mit der Zeit entwickelt sich aus den HRV-Werten eine Art Trainingsgerüst. Die Werte SD1, E-I und HF habe ich dabei immer Blick. Sinken SD1 und HF, dann verringert sich auch die Regenerationsfähigkeit. War das Training im Umfang und in der Intensität hoch, dann bleiben sie bis zu zwei Tage niedrig. Die Total Power verändert sich bei einer Sportlerin wie Michaela hingegen erst deutlich nach fünf Tagen Training ohne Pause. Ein Übertraining und damit auch gleich eine Übersäuerung zeichnen sich mit einer Verschlechterung der VLF ab. Bei der Veränderung der VLF muss man außer an Übersäuerung gleichzeitig auch an Entzündungen durch die hohe sympathische Aktivierung denken.”
Mentale Stärke für den Wettkampf
Ein fester Bestandteil des Trainings waren auch Biofeedback-Übungen. Mit 20-minütigen Einheiten lernte Michaela Rein bewusst zu entspannen. Sie erzählt, dass sie so den Stress einfach ‘wegatmen’ konnte. “Ich merkte einen deutlichen Unterschied, vor allem in meiner Einstellung zu mir selbst und zum Training. Ich wurde ruhiger und zufriedener, habe mich weniger schnell über Kleinigkeiten aufgeregt und war generell besser gelaunt.” Was sich auch an den Werten ihres Stressindex zeigte, er nahm ab.
Mentale Stärke zeigte Michaela Rein auch im Wettkampf: “Unmittelbar vor den Kämpfen war ich sehr motiviert und nicht, wie ich es schon manchmal erlebt hatte, übermäßig nervös. Früher kreisten meine Gedanken vor Kämpfen meist nur darum, wie stark meine Gegnerin ist und was wäre, wenn sie mich besiegt. Siege bedeuteten für mich deshalb eher Erleichterung, es geschafft zu haben, als Freude und Stolz zu empfinden. Bei der deutschen Meisterschaft Anfang Mai dachte ich nur an meine Stärke und daran, dass ich diesen Kampf gewinnen werde, weil ich mich gut fühle.”
Fazit von Michaela Rein
“Als ich wieder einigermaßen regelmäßig trainieren konnte, merkte ich den Unterschied zu meiner Trainingszeit ohne HRV-Unterstützung. Ich habe mich oft motivierter gefühlt und war positiv eingestellt. Ich wollte unbedingt wieder richtig Karate trainieren und hatte auch das Gefühl, dass ich es bestimmt schaffen werde – trotz der Rückschläge, die nach so einer Verletzung zum Sportler-Leben dazugehören.
In den letzten zwei Monaten vor der Meisterschaft halfen mir besonders die HRV-Messungen und das Biofeedback-Training, motivierter und selbstbewusster zu trainieren und auch über manche Schmerzen hinwegzukommen, die mir mein Fuß noch bereitete. Ich fühlte mich im Training oft genauso gut wie vor der Operation, oder sogar noch besser.
Letztendlich konnte ich neun Monate nach meiner sehr schweren Operation den deutschen Meistertitel sowohl in der Einzel- als auch in der Mannschaftskategorie gewinnen. Dabei besiegte ich auch meine Teamkollegin aus der Nationalmannschaft im direkten Vergleich, die einen Monat zuvor den Europameisterschaftstitel gewonnen hatte.”